Beschreibung
Die Titel:
Hinrich Blome sin Sarabande
Lucia Pogwisch ehr’n Gavotte
Vornehm Besöök, Dantz
De Lüüd op de Deel, Giga
De Duuv (Die Taube)
Kehr ut
De Hagener Danzerie
(hdt.: „Hagener Tanzbüchlein“)
Angeregt wurde die Komposition der vorliegenden Tänze von dem Ort, an dem der „Hagener Schloß-chor“ seit 1974, als auch wenig später das Blockflötenensemble „Hagener Schloßmusik“ ihre wöchent-lichen Proben abhielten, nämlich dem Kaminsaal des Herrenhauses Hagen in der Gemeinde Probsteier-hagen, Zentralort des gleichnamigen Kirchspiels, östlich der Kieler Förde.
Erbaut wurde das Schloß Hagen, wie das Herrrenhaus im Volksmund nicht ohne Stolz genannt wird, 1649 durch den Grafen Hinrich Blome (1616-1676), nachdem ihm seine Ehefrau Lucia Pogwisch 1642 den umfangreichen Besitz mit in die Ehe gebracht hatte. Besagter Graf Hinrich Blome war im damali-gen Königreich Dänemark eine bedeutende Persönlichkeit („Hinrich Blome sin Sarabande“), u.a. Kammerherr und Mundschenk am Hofe in Kopenhagen, wo er mit Sicherheit Heinrich Schütz kennen gelernt hat, der während dieser Zeit dort als Hofkapellmeister tätig war.
Die Wände des Kaminsaales schmücken die Porträts des Erbauers, seiner Frau Lucia und seines Sohnes, Wulf Blome, sowie einiger vornehmer Verwandter der Blomes aus der näheren Umgebung. (Die Originale befinden sich seit 1958 im Besitz des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums in Schles-wig.) Der Schöpfer der Porträts ist offensichtlich kein großer Meister seines Faches gewesen, weshalb ihnen – unbeabsichtigt natürlich – ein gewisser karikaturesker Charakter anhaftet. Aber gerade der hat mich dazu angeregt, mir einmal das gesellige Leben jener Zeit in einem ländlichen Herrenhaus fern der Metropole vorzustellen, in dem bekanntlich Musik und Tanz eine so große Rolle spielten. Sogar der berühmte Reinhardt Keyser aus Hamburg hat nachweislich 1710 ein Konzert im Herrenhaus Hagen di-rigiert, mit eigenen Werken und solchen von Heinrich Schütz (1).
Der karikatureske Charakter der Bilder hat natürlich auch ein wenig auf die Musik abgefärbt, wenn z.B. „Lucia Pogwisch ehr’n Gavotte“ bisweilen ins Stolpern gerät. (Es tut mir ja leid, aber nach dem Porträt kann ich mir die Dame nur leicht hinkend vorstellen.)
Die Zufahrt zum Herrenhaus wurde einst (sogar noch bis 1926) von den mächtigen, strohgedeckten Wirtschaftsgebäuden, dem Kuhhaus und der Scheune flankiert. Während die Herrschaften und ihre vornehmen Gäste standesgemäß in den Räumen des Schlosses feierten (Vornehm‘ Besöök“), taten das-selbe die Gutsleute auf der großen Diele der Scheune, wobei es mit Sicherheit etwas weniger vornehm, dafür aber um so lustiger zuging (DE Lüüd op de Deel“). Die Überreste des ehemaligen Schloßgra-bens werden überschattet von einigen riesigen Kastanienbäumen, beliebter Ruheplatz für die Wildtauben aus dem Schloßpark. Ihr charakteristischer Ruf bildet das Kopfmotiv des Menuetts „De Duuv“.
Bei der Ausführung der Tänze sollte der „karikatureske“ Zug durchaus erhalten bleiben, jedoch auf keinen Fall ins Groteske abgleiten. Hinweise für den jeweiligen Charakter eines Satzes finden sich in den Satzüberschriften und Tempobezeichnungen. Die Taktwechsel und die rhythmischen Akzente in den „Krummen“ Taktarten (5/8 oder 8/8) sollten deutlich markiert werden. Für die Besetzung sind den Ausführenden alle Freiheiten gelassen. Die Wiederholungen und Da Capi bieten sich für eine mehrchö-rige Besetzung an, z.B. Blockflöten-Hochchor und –Tiefchor im Wechsel, oder Streicher – Bläser, oder Blockflöten – Doppelrohrblattinstrumente (Cornamusen, Kortholt, Rankett usw.), auch Zupfin-strumente und kleines Schlagwerk können zur Anreicherung der Klangpalette eingesetzt werden.
A.v.G. 3/05