Beschreibung
Die vorliegenden Sonaten für Altblockflöte / Sopranblockflöte und Basso continuo stammen aus den „Solos for a german flute a Hoboy or Violin with a thorough Bass for the Harpsicord or Bass Violin, compos´d by Sigr. Quantz. Musician in Ordinary to the King of Poland. Opera Seconda“.
Die Sonaten IV und VI wurden für die Ausführung auf der Altblockflöte um eine kleine Terz aufwärts transponiert. Akzidentien über den Noten sowie gestrichelte Legatobögen wurden von der Herausgeberin hinzugefügt. Manchmal erscheint der Bass in den Sonaten IV-VI durch die Transposition in einer relativ hohen Lage. Möge der ausführende Continuo-Spieler sie nach eigenem Geschmack um eine Oktave abwärts transponieren.
Fortsetzung…
… Hier fing nun eine neue Periode, sowohl an seiner bisherigen Lebensart, als auch in seinen Kunstübungen an. Die Violin, welche bisher sein Hauptinstrument gewesen war, sollte nun mit der Hoboe vertauscht werden. Auf beiden Instrumenten aber wurde er durch seine Cameraden die länger in Diensten waren gehindert, sich hervor zu thun, welches ihm doch sehr am Herzen lag. Der Verdruß darüber veranlaßte ihn, die Querflöte, worauf es sich bisher schon einigermaßen geübt hatte, mit Ernst zur Hand zu nehmen, weil er auf diesem Instrumente, bey der Gesellschaft, unter der er war, keinen großen Gegner zu fürchten hatte: denn der bisherige Flötenist Friese, dessen vornehmste Leidenschaft eben nicht die Musik war, trat ihm freywillig den ersten Platz bey der Flöte ab. Um seine Absicht sicherer zu erreichen, nahm er um diese Zeit in Dresden bey dem be-rühmten Buffardin Lection; von dem er aber eigentlich nur mechanische Fertigkeit und Geschwin-digkeit in Passagien lernte, worinne die vorzügliche Geschicklichkeit seines Meistern bestand. (…)
Damals waren stücke, die ausdrücklich für die Flöte gesetzt waren, noch ziemlich rar; die Flöten-spieler halfen sich also so gut sie konnten, und suchten Hoboen und Violinsachen für ihr Instrument einzurichten. Quanz ward dadurch veranlaßt, sich mit Ernst auf Componiren zu legen, und für sich selbst einige Flötenstücke aufzusetzen. Er hatte bis dahin noch so wenig Unterricht in dieser Wis-senschaft gehabt, daß er seine ersten Arbeiten von andern mußte durchsehen und verbessern lassen. Der Kapellmeister Schmidt hatte ihm versprochen, ihn die Compositioin zu lehren; schob aber die Erfüllung seines Versprechens von einer Zeit zur andern auf. Den andern Kapellmeister Heinichen wollte Quanz nicht gerne darum ansprechen, um jenen nicht zu beleidigen, da er wohl wußte, daß sie nicht die besten Freunde miteinander waren. In Ermangelung eines mündlichen Unterrichts studirte er fleißig für sich in den Partituren großer Meister, und bemühte sich, ihre Art in Zusammensetzung der stimmen sich eigen zu machen.
Er hatte umdiese Zeit das Glück mit dem eben so gutherzigen Manne als großen Musiker, dem Concertmeister Pisendel, bekannt zu werden. Von diesem lernte er ein Adagio gut vortragen, und alles das kennen, worauf es bey Ausführung einer Musik hauptsächlich ankommt. Dinge, die da-mals in Dresden keiner besser wußte, als Pisendel. Auch in der Composition machte er ihmn man-che gute und nützliche Anmerkung; und wenn man in den Quanzischen Compositionen weder ganz den italiänischen, noch ganz den französischen sondern einen vermischten Stil antrift, so rührt das hauptsächlich von dem Umstande her, daß er sich ganz nach Pisendel bildete. (…)
Bis zum Jahre 1723 kommt in Quanzens Leben eben nichts merkwürdiges vor, als das er Reisen nach Polen und wieder zurück machte; eine Zulage zu seinem Gehalte bekam, und auf königliche Kosten nach Italien geschickt werden sollte, welches aber sein Gönner, der Baron von Seyferitz, aus guten Gründen, hintertrieb. (…)
Nach einer unterdeß nach Polen wiederholten Reise, fand sich im Jahr 1724 eine bequeme Gele-genheit, daß Quanz nun auch Italien sehen konnte. Der Graf von Lagnasco wurde als polnischer Bevollmächtiger an den römischen Hof geschickt, und dieser erbot sich, ihn fey mitzunehmen, auch in Rom mit Tisch und Logis zu versorgen. Quanz erhielt die königliche Einwilligung dazu, verließ Dresden im May 1724, und kam in der Mitte des Julius in Rom an.
Um Musik zu hören, lief er in allen Kirchen und Klöstern herum, wo nur was zu hören war. Dieses Herumlaufen in der größten Hitze des Sommers, und eine unvorsichtige Abkühlung, zogen ihm ein heftiges Fieber zu, von dem er aber doch bald wieder hergestellt wurde.
Während seines Aufenthalts in Rom nahm er auch, sechs Monate lang, von dem berühmten Francesco Gasparini Unterricht im Contrapuncte. (…)
Nach dieser Übung in der Augenmusik fing nun Quanz an für das Ohr zu arbeiten, und compinierte Solos, Duette, Trios und Concerte. (…)
Im Jahr 1725 ging er nach Neapel, woselbst er seinen Landsmann Hasse antraf, der damals unter Alessandro Scarlatti studirte. Quanz ersuchte Herrn Hasse, daß er ihn mit seinem Meister , dem alten Scarlatti bekannt machen möchte, wozu er sich auch sogleich willig finden ließ; Scarlatti aber gab ihm zur Antwort: „ Mein Sohn, sie wissen, daß ich die blasenden Instrumentisten nicht leiden kann; denn sie blasen alle falsch.“ (…)
Quanz beurlaubte sich nun bey dem Graf von Lagnasco, und fing an auf eigene Kosten zu Reisen. Florenz, Livorno, Bologna, Ferrara, Padua waren die Städte, wo er Ernsthaftes und Komisches, Gu-tes und Schlechtes durch einander hörte, (…).
In eben dem Jahr 1726 kam Quanz zuerst auf den Einfall, noch eine zweyte Klappe an der Flöte an-zubringen, um den Unterschied, der sich zwischen Dis und Es findet, auch auf die Flöte anwendbar zu machen, und beide Töne in ihrer erfoderlichen Reinigkeit hören zu lassen.
Im Jahr 1727 ging er nach London, woselbst er die Oper, unter Händels Direction, in einem sehr blühenden Zustande fand. (…) Er reiste also den 1. Junius 1727 wieder aus England ab, und war den 23. Julius wieder in Dresden.
Quanz stellte nun über alles, was er auf seiner Reise Gutes und Schlechtes in der Musik gehört hat-te, Betrachtungen an. Er fand einen ziemlichen Vorrath gesammelter Ideen; sahe aber auch ein, daß er sie erst in Ordnung bringen mußte. (…)
Bis hierher war Quanz Hoboist und Flötenist in der Polnischen Kapelle gewesen, und seine Besol-dung hatte in mehr nicht, als 216 Thaler, bestanden. Es war aber, während seiner Reise, sein Platz mit einem andern besetzt worden, und er sollte nun in die Sächsische Hof=Kapelle einrücken. Dies geschah auch im Jahre 1728, nach Absterben eines Violinisten, dessen Besoldung von 250 Thalern Quanz als eine Zulage zu seinem vorigen Gehalte bekam. Von dieser Zeit an legte er die Hoboe gänzlich bey Seite, weil er damit dem Ansatze auf der Flöte schadete, und blieb ganz allein bey die-sem letzten Instrumente. (…)
ES geschah von nun an auch alle Jahre zweymal, daß Quanz entweder nach Berlin, Ruppin oder Reinsberg kommen mußte, weil der damalige Kronprinz von Preussen sich entschlossen hatte, die Flöte spielen zu lernen, und Quanz ihn unterrichten sollte. (…)
Im Jahr 1734 gab er seine ersten sechs Sonaten auf Flöte und Baß, in Kupfer gestochen heraus. (…)
Im Jahre 1739 fing er an selbst Flöten zu drechseln und abzustimmen; die ihm alle sehr gut sind be-zahlt worden.
Gegen das Ende des Jahres 1741 wurden ihm vom Könige in Preussen abermals Dienste, unter sehr vortheilhaften Bedingungen, angeboten. Zweytausend Thaler Besoldung auf Lebenszeit; außer-dem eine besondere Belohnunh für seine Compositionen; hundert Ducaten für jede Flöte, die er liefern würde; die Freyheit nicht im Orchester, sondern nur bey der königlischen Kammermusik zu spielen, und von Niemandes als des Königs Befehl abzuhangen, verdienten wohl einen Dienst end-lich aufzuheben, wo er solche Vortheile niemals hoffen konnte. Der König von Polen war auch so gnädig, daß er ihn an seinem bessern Glücke nicht hindern wollte.
Im Jahr 1752 ließ er den bekannten Versuch einer Anweisung die Flötetraversiere zu spielen, dru-cken; ein Werk, das weit mehr enthält, als der Titel sagt. Die größere Hälfte des Buchs betrift mehr die Musik im Ganzen genommen, als das Flötenspielen, und ist voll richtiger und nützlicher Anmer-kungen über den guten Geschmack in der practischen Musik überhaupt. Quanz zeigt sich darin als ein Mann von tiefen Einsichten, gründlichen Kenntnissen und einer vielfältigen Erfahrung.
In eben dem Jahre erfand er auch, bey einer gewissen Gelegenheit den, Aus= und Einschiebekopf an der Flöte, vermittelst dessen man dieselbe, ohne Verwechselung der Mittelstücke, um einen halben Ton höher oder tiefer machen kann, ohne der reinen Stimmung Eintrag zu thun.
Quanz hat für sein Instrument sehr viel componiert. Die Zahl der Concerte beläuft sich allein auf dreyhundert, und diese sind alle für den König von Preussen gemacht, weil Se. Majestät keine an-deren Concerte spielen mochten. Daß bey einer so großen Anzahl von Concerten nicht viel Wie-derholtes, nicht viel Bekanntes in den Passagien vorkommen sollte, läßt sich nicht leicht widerspre-chen; indeß sind sie doch alle nach einem sehr guten Plane, mit prächtigen Rotirnellen, wohlge-wählten Begleitungen und kräftigen Harmonien gearbeitet. Die wenigsten sind bekannt geworden, un die es geworden sind, gehören zu den ersten und ältesten.
In der Kammermusik hatte Quanz die meiste Zeit weiter nichts zu thun, als bey dem Anfange eines jeden Satzes, wenn der König ein Concert blies, mit einer kleinen Bewegung der Hand den Tact anzugeben; auch bediente er sich, als Lehrer des Monarchen, des Privilegiums, zuweilen, am Ende der Solosätze und Cadenzen, Bravo zu rufen. (…)
Uebrigens brachte er den Rest seiner Tage in dem besten Wohlstande und in aller Bequemlichkeit zu, bis er den 12. Juli 1773 zu Potsdam von dieser Welt Abschied nahm. Der König hat ihm die Ehre erwiesen, ein Denkmal auf seinem Grabe errichten zu lassen.
Seit dem Jahre 1737 war er verheyrathet gewesen, hat aber keine Kinder hinterlassen.
Er war ein ziemlich großer und starker Mann; doch nicht so, daß der Vers, den Burney auf ihn an-wendet, so ganz auf ihn paßt: „Er scheint bey seinen breiten Schultern und gigantischen Gliedma-ßen, ein wahrer Sohn des Herkules zu seyn.“
Auszüge aus: „Johann Adam Hiller. Lebensbeschreibungen berühmter Musikgelehrten und Ton-künstler unserer Zeit“. Leipzig 1784