Beschreibung
Die vorliegenden Sonaten für Altblockflöte / Sopranblockflöte und Basso continuo stammen aus den „Solos for a german flute a Hoboy or Violin with a thorough Bass for the Harpsicord or Bass Violin, compos´d by Sigr. Quantz. Musician in Ordinary to the King of Poland. Opera Seconda“.
Die Sonaten I und III wurden für die Ausführung auf der Altblockflöte um eine kleine Terz aufwärts transponiert, Sonate II erscheint hier in der Originaltonart für die Sopranblockflöte, Tenorblockflöte oder Voice-Flute. Akzidentien über den Noten sowie gestrichelte Legatobögen wurden von der Herausgeberin hinzugefügt. Manchmal erscheint der Bass in den Sonaten I/III durch die Transposition in einer relativ hohen Lage. Möge der ausführende Continuo-Spieler sie nach eigenem Geschmack um eine Oktave abwärts transponieren.
Quanz (Johann Joachim) Königl. Preußischer Kammermusikus und Hofkomponist.
War am 30. September 1697 in Oberscheden, einem Hannoverischen, zwischen Göttingen und Minden gelegenen Dorfe geboren. Sein Vater, Andreas Quanz, Huffschmidt in besagtem Dorfe, ließ ihn ehe er noch neun Jahre alt war, mit dem Hammer zum Ambos treten, weil er ihn zu seiner Profession bestimmte. Wenn Pythagoras nicht schon lange vorher das berühm-te Experiment gemacht gehabt hätte, so würde es jetzt Quanz habe machen können, wenn er im neunten Jahre ein Pythagoras gewesen wäre.
Quanz hatte einen älteren Bruder, der in der Gegend umher, bey ländlichen Festen, die Bei-ne der Bauern in tanzende Bewegung zu bringen, auf einer schlechten Geige zu streichen wusste. Dieser nahm seinen achtjährigen Bruder auf dergleichen kleinen Landreisen mit, um sich von ihm mit der deutschen Baßgeige begleiten zu lassen, ohne dass er eine Note kannte. Diese Musik, so schlecht sie war, gefiel dem kleinen Joachim so sehr, dass er nichts anderes, als ein Musikus werden wollte; ob ihn gleich sein Vater, der im acht und vierzigsten Jahre seines Alters starb, noch auf dem Todbette ermahnte, bey dem ehrlichen Handwerke seiner Vorfahren zu bleiben.
Quanz, der, als er seinen Vater verlor, zehn Jahre alt war, hatte keine andere Freunde, auf deren Vorsorge und Beystand er rechnen konnte, als zween Brüder seines Vaters, von denen der eine ein Schneider, der andere aber Hof- und Stadtmusikus in Merseburg war; beide erboten sich, ihn zu sich zu nehmen, und ihre Profession zu lehren.
Die Neigung des jungen Quanz zur Musik überwog alle anderen Beobachtungen. Er zog den Fidelbogen der Schere und selbst dem Studiren vor, wozu ihm seines Vaters Schwester, die an einen Prediger zu Lautereck in der Pfalz verheyrathet war, behülflich seyn wollte, und begab sich in Merseburg bey seinem Onkel, den Stadtmusikus in die Lehre. Als dieser aber nach drey Monaten starb, blieb er bey dessen Nachfolger und nachherigem Schwiegersohne, namens Fleischhack. Fünf und eine Vierteljahr stand er hier in der Lehre, und hielt sich her-nach noch zwey und ein Vierteljahr als Geselle bey ihm auf.
Der Unterricht war hier so beschaffen, wie er meistentheils bey solchen zunftmäßigen Prin-cipalen zu seyn pflegt. Der Principal verlässt sich auf die Gesellen, und diesen fehlt es bald am guten Willen, bald am Vermögen, so dass ein Scholar selten etwas vor sich bringt, wenn er nicht viel eigenes Naturell und Bemerkungsgeist hat. Fleischhack war nun wohl eben kein schlechter Musikus; er war ein guter Violinspieler in seiner Art: aber er lebte zu sehr die Bequemlichkeit, und die Gesellen ahmten ihn in diesem Stücke nach; so dass der eigene Fleiß bey Quanzen mehr thun musste, als der Unterricht.
Das erste Instrument, das er hier lernen musste, war die Violin, wozu er auch damals die meiste Lust hatte. Bald hernach ergriff er noch die Oboe und die Trompete, gab sich auch, während seinen Lehrjahren, außer der Violin, am meisten mit diesen beiden Instrumenten ab. Da aber ein kunstgerechter Stadtpfeiffergeselle in Deutschland auf allen Instrumenten muß mitmachen können; so wurde er auch mit den andern, als Zinken, Posaunen, Waldhorn, Flöte a bec, deutscher Bassgeige, Violoncell, Viole de Gambe, und der Himmel weiß mit wie viel mehrern, nicht verschont. Bey dieser Menge von Instrumenten, die ein Lehrling der Kunstpfeiferey zu gleicher Zeit treiben muß, ist es ihm nicht möglich auf allen ein Meister zu werden. Der einzige Vorteil, den er davon hat, ist, dass er mit der Natur und Eigenschaft aller dieser Instrumente bekannt wird, und sich von ihrer rechten und zweckmäßigen An-wendung diejenige Erkenntniß erwirbt, die jeder Componist haben sollte, und doch so vielen fehlt. (…)
Quanz that bey dem allen noch mehr, und was selten bey Erlernung der Stadtpfeifferkunst in Anschlag kommt: er nahm zu seinem Vergnügen, bey einem seiner Anverwandten, dem Or-ganist Riesewetter, auf dem Klaviere Unterricht, wodurch er den ersten Grund zur Kenntniß der Harmonie legte, und vielleicht die erste Lust zur Erlernung der Composition bekam. We-nigstens setzte er sich dadurch in den stand, die Musikstücke, die ihm unter die Hände ka-men, mit mehr Verstande anzusehen und sich zu Nutze zu machen. Zum Glück für ihn war sein Lehrherr Fleischhack, keiner von den gewöhnlichen Stadtmusikanten, die sich mit den geerbten, trocknen, steifen und und geschmacklosen Musikalien behelfen; sondern er wusste gute Stücke zu wählen, und schafte, die neuesten und besten Sachen an, die damals von Melchior Hofmann, Heinichen und Telemann herauskamen; so dass Quanz gute Gelegenheit hatte, durch das Spielen und Durchsehen dieser Compositionen, den Grund zum künftigen Komponisten bey sich zu legen; wie er denn auch um diese Zeit es schon mit einigen Kleinig-keiten, als Bicinien für Trompeten, Märschen, Menuetten und andern Tänzen, versuchte.
Die herzogliche Kapelle in Merseburg war damals noch nicht sehr zahlreich, dass also die Stadtmusikanten oft die Musiken bey Hofe und in der Kirche mussten verstärken helfen. Hier hatte nun Quanz Gelegenheit bisweilen fremde Sänger und Instrumentisten zu hören, die ihm ganz anders vorkamen, als was er bisher gehört hatte, und bey ihm eine große Begierde zu Reisen weckte. Dresden und Berlin waren die Orte, wo er seinen Aufenthalt am eifrigsten wünschte, weil er da ganz andere Dinge zu hören hofte, als er bisher in Merseburg gehört hatte.
Quanz hatte immer die Violin, als sein Hauptinstrument, am fleißigsten geübt. (…)
Voll Vertrauen auf seine Geige und seine Füsse, machte er sich herzhaft auf den Weg, von einer Stadt zur andern, bis nach Dresden, wo er Condition suchte, aber nicht fand. Er sahe sich also genöthigt, seinen Stab weiter fortzusetzen, und ging über Bischofswerder nach Ra-deberg, wo dem damaligen Stadtmusikanten Knoll ein Geselle abging, dessen Platz er er-hielt. Aber auch diese Stelle musste er bald aufgeben, weil das Städtchen vom Blitze ange-zündet wurde und gänzlich abbrannte. (…)
Auf Zureden seines armen abgebrannten Principals ging nun unser Quanz nach Pirna, zu dem Stadtmusikus Schalle, dem ein Geselle krank geworden war. Um diese Zeit bekam er zuerst die Violinconcerte des Vivaldi zu sehen, welche so sehr seine Aufmerksamkeit erreg-ten, und seinen eigenen Begriffen von der Vollkommenheit dieser Gattung entsprachen, dass er sie, besonders ihre prächtigen Ritornelle, nach der Zeit immer zu seinem Muster genommen hat. (…)
Er kam also im Jahr 1716 zum zweyten Male nach Dresden. Hier lernte er nun einsehen, wie viel auf Geschmack und Vortrag ankomme, und dass zu einem Musiker mehr erfodert wer-de, als eine Menge Noten vom Blatte zu spielen, ohne dabey etwas zu denken und zu emp-finden.
Das damalige Königliche Kapellorchester war schon ziemlich im Flore. Indessen war die Art des Vortrags, die der Concertmeister Volumier eingeführt hatte, ganz französisch. Pisendel, der ihm in seiner Stelle folgte, führte eine andere ein, welche aus der französichen und italiänischen vermischt war, und die er mit der Zeit zu einer solchen Vollkommenheit brachte, daß Quanz gestand, er habe auf allen seinen Reisen kein besser Orchester angetroffen. (…)
Im Jahre 1717 starb die Mutter des Königs August II. und eine Landtrauer, die der Musik ein Stillschweigen von drey Monaten auflegte, nöthigte unsern Quanz abermals den Wanderstab zu ergreiffen, und durch Schlesien, Mähren und Oesterreich, vom einen Orte zum andern, auf die Kunst, bis nach Wien zu reisen. (…)
Bald nach seiner Zurückkunft fiel das Jubelfest der durch D. Luthern bewirkten Reformation ein, und Quanz bekam in der Kirche etwas Concertirendes auf der Trompete zu blasen, welches von ohngefähr der Kapellmeister Schmidt mit anhörte, und dadurch bewogen ward, ihm das Anerbieten zu thun: er wolle es beym Könige dahin bringen, dass er ihn, nach Trompetergebrauche ordentlich auslernen ließe, damit er hernach in Königliche Dienste, aufgenommen werden könnte. Quanz aber so herzlich gern er auch eine Stelle bey der Hofmusik gehabt hätte, lehnte doch dieses Anerbieten von sich ab, weil er wohl wusste, dass der gute Geschmack in der Musik, nach dem er strebte, auf diesem Instrumente nicht zu erwerben wäre.
Im Jahre 1718 wurde die sogenannte polnische Kapelle erichtet, welche dem Könige immer auf seinen Reisen nach Polen folgen musste. Sie sollte aus zwölf Personen bestehen; elf waren schon angenommen, und es fehlte nur noch ein Hoboist. Quanz wurde dazu vorgeschlagen, und nachdem er seine Probe geblasen hatte, war er so glücklich, von dem Director der-selben, dem Baron von Seyferitz, angenommen zu werden. Das jährliche Gehalt war 150 Rthlr. und frey Quartier in Polen. Er machte auch schon dies Jahr die Reise nach Polen mit, und kam im folgenden Frühjahr wieder nach Dresden zurück. …
Fortsetzung folgt in Heft 2 der Sonaten.
Auszüge aus: „Johann Adam Hiller, Lebensbeschreibungen berühmter Musikgelehrten und Tonkünstler neuerer Zeit“, Leipzig 1784